Ein anspruchsvolles, ökologisches und gesundheitsförderndes Gebäudekonzept ist integraler Bestandteil des Musterwohnprojekts Lichte Weiten. Zielsetzung war es, in den Bereichen Energie (Wärme & Strom), Wasser, Abwasser, Müll und Baumaterialien eine Reduzierung des Verbrauchs um 75% oder mehr (Faktor 4+) zu erreichen.
Zum ökotechnischen Konzept gehören: - die eigene Wasserklärung auf dem Grundstück, - die Aufbereitung von Regenwasser (und Grauwasser) zum Duschen, Waschmaschinenbetrieb und Toilettenspülung - eine Photovoltaik-Anlage zur Stromerzeugung - eine weitgehend CO2-neutrale Beheizung und Warmwasserbereitung mit Solarthermie und Holz-Pellets (für den Notfall gibt es eine Gastherme) - ein sehr hoher Dämmstandard mit diffusionsoffenem Material, - eine Heiz-Energieeinsparung im Bestand von 50% unter der Energieeinsparverordnung für Neubau - die Verwendung umwelt- und gesundheitsfreundlicher Baustoffe - eine naturnahe Gartengestaltung mit Bio-Nutzgarten und einheimischen Obst- und Gemüsesorten nach dem Konzept „Eßbare Landschaft“Das Gebäude erfüllt auch die Voraussetzungen für ein sozial nachhaltiges Wohnen. Menschen aller 'Altersgruppen und Lebenslagen sollen langfristig im Haus wohnen können, auch bei persönlichen Veränderungen wie z.B. Familienzuwachs, Wegzug von Kindern oder Trennungen sowie bei körperlichen Einschränkungen, die besondere bauliche Bedingungen erfordern.
Zum sozial nachhaltigen Konzept gehören:
- Wohnungsgrößen zwischen 1 und 4 Zimmern mit vorgesehenen Möglichkeiten, Wohnungen zusammen zu legen, zu verkleinern, zu tauschen oder einzelne Zimmer dazu zu mieten - Vollständig rollstuhlgerechte Hochparterre-Etage mit einer 2-Zimmer-Wohnung und den Gemeinschaftsräumen der Hausgemeinschaft (Hubbühne, die ins Hoch-Parterre fährt, kann nachgerüstet werden) - Barrierearme bis barrierefreie Gestaltung aller Wohnungen - Ausstattung der Wohnungen (fast) ohne Schwellen, mit breiten Türen, teils bodentiefen Fenstern oder niedrigen Brüstungen, barrierearmen Bädern mit bodengleichen Duschen und Wandverstärkungen zum Einbau von Haltegriffen etc. - Vorrüstung eines Aufzugs, der bei Bedarf außen vor die Balkone gebaut werden kann
1. Regenwasser vom Dach wird aufgefangen und in einem Erdtank gespeichert. Nach Reinigung in einer Pflanzenkläranlage (Vertikalfilter) und einem Membranfilter wird das Wasser zum Duschen im Haus verwendet.
2. Duschwasser und Wasser aus den Waschbecken in den Bädern wird in einer Vorklärung aufgefangen und vorgereinigt. Dann wird es über einen zweiten Vertikalpflanzenfilter und über eine weitere Membranfilteranlage geklärt. Danach wird dieses Wasser für die Waschmaschinen und Toilettenspülung im Haus wieder verwendet oder in den unter 1. beschriebenen Kreislauf eingespeist. 3. Das Wasser aus den Waschmaschinen wird in einer 2. Vorklärung aufgefangen und vorgereinigt und im Gewächshaus über die Fließbeetfilter gereinigt. Gleichzeitig können auf den Filtern Gemüsepflanzen angebaut werden. Das hier gereinigte Wasser wird zur Gartenbewässerung genutzt oder in den unter 2. beschriebenen Kreislauf eingespeist. 4. Das Wasser aus den Toiletten wird in die Kanalisation abgeführt. 5. Das Gebäude wurde außerdem durchgehend mit wassersparenden Armaturen und Toiletten ausgestattet. 6. Die Hausbewohner_innen benutzen nur Wasch- und Reinigungsmittel die von biologischen Kläranlagen abgebaut werden können.1. Das Haus ist Modellprojekt im Programm „Niedrigenergiehaus im Bestand – EnEV-Neubau minus 50%“ der Deutschen Energieagentur (dena). Dabei muss das sanierte Gebäude nicht nur die für Neubauten vorgeschriebenen Energiewerte einhalten, sondern diese um 50% unterschreiten. 2. Das Gebäude wurde sehr hoch gedämmt, die Außenwände mit 16 cm Mineralwolle, das Dach mit 30 cm Zelluloseflocken aus Altpapier. Alle Fenster und Fenstertüren sind mit 3-Scheiben-Wärmeschutzverglasung versehen. 3. Der Altbau ist sehr luftdicht, vergleichbar mit Passivhausstandard, ausgeführt. Wärmebrücken wurden konsequent vermieden oder minimiert. 4. Ein zentraler Wärmespeicher im Keller wird von 3 Wärmequellen gespeist. Zuerst geben die 19,1 m2 große Solarthermieanlage (Warmwassergewinnung aus Sonnenenergie) auf dem Dach und dann ein Holzpellet-Ofen (Brennstoff: gepresste Restholzstücke) im EG ihre Wärme an den Speicher. Wenn dies nicht ausreichen sollte, schaltet sich eine kleine Gasbrennwerttherme als letztes dazu. Aus dem Wärmespeicher wird das zentrale Heizsystem versorgt. Außerdem werden sowohl Trinkwasser als auch das Betriebswasser (auf dem Grundstück gereinigtes, zur Wiederverwendung aufbereitetes Wasser) aus diesem Speicher erwärmt. Für diese vielen Funktionen braucht der Speicher eine sehr komplexe Steuerung.
Der Primärenergiebedarf umfasst zusätzlich zum eigentlichen Energiebedarf an einem Energieträger (z.B. Öl, Kohle, Gas, Holz) die Energiemenge, die bei der Gewinnung, Umwandlung und Verteilung des Energieträgers benötigt wird. Endenergie ist der Teil der Primärenergie, der beim Endverbraucher nach Abzug von Transport- und Umwandlungsverlusten zur Verfügung steht (z.B. Heizöl im Öltank, Gas oder Strom aus dem Hausanschluss, o.ä)
1. Das Haus ist mit energiesparenden Geräten und Lampen ausgestattet. 2. Eine Photovoltaikanlage (51,2 m2, 8,8 kWp) wurde im Oktober 2010 in Betrieb genommen. 3. Eine kleine Windkraftanlage könnte später den Strombedarf von außen weiter reduzieren. Die Planung wurde vorerst gestoppt.
1. Die vorhandene Bausubstanz wurde so viel wie möglich weiter verwendet. Z.B. wurden Grundrisse wenig geändert oder alte Türen und Holzböden aufgearbeitet und z.T. an anderer Stelle wieder eingebaut. 2. Alle Baustoffe wurden so gewählt, dass die Oberflächen und Konstruktionen diffusionsoffen sind. Dadurch kann Wasserdampf aus der Raumluft von Wänden, Decken und Böden aufgenommen und wieder abgegeben werden. So entsteht ein ausgeglichenes und gesundes Raumklima. 3. Die Baustoffe wurden nach gesundheits- und umweltfreundlichen Kriterien ausgewählt. Sofern möglich wurden natürliche und einheimische Produkte oder Materialien, die in großen Mengen vorhanden sind oder nachwachsen können, bevorzugt. Die Fenster z.B. wurden in der Nähe von Berlin aus heimischem Holz gefertigt, die Dachdämmung erfolgte mit Altpapierflocken, die Wand- und Deckenfarben und Bodenöle bestehen aus pflanzlichen und mineralischen Stoffen ohne Kunstharze und andere chemische Zusatzstoffe. 4. Bei den verwendeten Materialien und Konstruktionen wurde darauf geachtet, dass sie einfach zu reparieren, wieder zu verwenden und erst als Letztes unschädlich zu entsorgen sind.
Die Gesamtbaukosten einschließlich Grundstückskauf, Neugestaltung des Nachbarschaftsgartens und Nebenkosten für Planung, Baugenehmigung etc. betrugen knapp 1.300.000 € brutto. Ein Teil des Eigenkapitals von 550.000 € (inkl. Fördermittel) wurde durch Einlagen der Bewohner_innen von bis zu 200 € je Quadratmeter ihrer Wohnfläche und ihres Gemeinschaftsanteils aufgebracht. Diese Einlagen werden bei Auszug zurückgezahlt. Ein Teil des übrigen Eigenkapitals wird durch Beteiligungen von Menschen, die dem Projekt für einige Jahre Geld zu einem festen Zinssatz leihen, erbracht. Für die Entwicklung der ökotechnischen Anlagen und die Auswertung der Betriebsergebnisse sowie deren Verbreitung gibt es eine Unterstützung der „Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU)“ (70.000 € + 30.000 € für die Auswertungsphase €). Die neue Erschließung des Gebäudes inkl. Feuerwehrzufahrt und neuem barrierefreiem Zugang erfolgte mit Hilfe von Ordnungsmitteln des Bezirks Lichtenberg von Berlin (100.000 €). Die Neuanlage und -gestaltung des Nachbarschaftsgartens gelang mit einer Förderung des Bund-Länder-Programms „Stadtumbau Ost“ (45.000 €). Über das Eigenkapital hinaus wurde das Projekt mit zinsgünstigen KfW-Krediten (Kreditanstalt für Wiederaufbau) aus den Programmen „CO2-Gebäudesanierung“ und „Wohnraum modernisieren“ sowie einem Bürgschaftskredit der GLS-Bank (Gemeinschaftsbank Leihen und Schenken) finanziert.
Die Bruttowarmmiete liegt bei 7,79 € je Quadratmeter Wohnfläche im Monat. Darin enthalten sind 6,29 € Mietkosten und eine Vorauszahlung für Betriebskosten inkl. einer Umlage für die Ökotechnischen Anlagen von 1,50 € je Quadratmeter und Monat. Die erste Betriebskostenabrechnung für das Projekt wird gerade erstellt. Die tatsächlichen Betriebskosten liegen voraussichtlich unter den Vorauszahlungen.
Bauherr: Lichte Weiten e.V., Wönnichstraße 104, 10317 Berlin E. mail@lichte-weiten.de
Planung, Projektsteuerung, Ökotechnische Gesamtkonzeption, Gruppenbegleitung: Dr. Beetstra + Körholz, Wönnichstraße 103, 10317 Berlin T. 030 – 514 899 38, E. planung@lichte-weiten.de mit Werner Nasahl, 10243 Berlin, Bauleitung
Ergänzende Beratung Energie und Fachplanung Gebäudetechnik: AKUT Solar- und Haustechnik GmbH, 13355 Berlin LUBS GmbH, 03185 Turnow
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